Das Festival für junge Regie findet vom 27. April bis 5. Mai 2023 am Münchner Volkstheater statt.
Dieses Jahr sind 13 Regiearbeiten eingeladen. Produktionen aus Antwerpen, Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Hamburg, Magdeburg, Mannheim, Innsbruck, Wien und Weimar.
"Große Mythen und Texte werden genauso verwendet, bearbeitet und neuerzählt wie kleine recherchebasierte Projekte, performative oder autobiografischer Grundsetzungen." Jens Hillje, Festivalleiter
Die Kurator*innen des Festivals laden jedes Jahr junge Talente im Bereich der Theaterregie ein, die sich mit ihren Arbeiten in der deutschen und europäischen Theaterlandschaft hervorgetan haben. Über ein Jahr sichten die Kurator*innen, bestehend aus Jens Hillje, Christine Wahl, C. Bernd Sucher und Florian Fischer Stücke junger Regisseur*innen und stellen das Festivalprogramm zusammen.
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Radikal jung
Volkstheater München GmbH Brienner Straße 50 D-80333München
"Zeit, dass dir das endlich zu Bewusstsein kommt, höchste Zeit ... Große Geschichte: Historie! 'Ja, da schau her'."
Keine Regieanweisung, kein klar umrissener Ort. Stimmen, zwei. Zwei, die zusammenkommen und eine Unterredung führen – gemeinsam Theater spielen? Oder die Selbstbefragung eines Schreibenden, der mit der ihm eigenen Hochsensibilität und Aufmerksamkeit und dem beharrlichen Willen zum Wahren, Schönen, Guten all das noch einmal zu durchleuchten sucht, woraus sein Werk sich zusammensetzt? Ein, zwei alte Narren, kurz davor, von der Weltbühne abzutreten? Oder bezieht sich das titelgebende "Zwiegespräch" auf das Geflüster eines Liebespaars auf dem Heuboden?
Das neue Stück des Literaturnobelpreisträgers Peter Handke erweist ihn als Stückeschreiber, dem es wie kaum einem anderen gelingt, aus der Stille und dem leeren Theaterraum mit seinen Worten Wirklichkeiten zu schaffen. Nach der von Zorn und Verständnis geprägten Fürbitte für einen jungen Selbstmörder in seinem letzten Stück ZDENĚK ADAMEC klingen in ZWIEGESPRÄCH scheinbar ruhigere Töne an. Eine Meditation über das Theater, über das Altern, über das Sterben; ein Stück über die stets anwesenden und immer mitreden-wollenden Geister der Ahnen, und dabei doch: eine radikale Überprüfung des eigenen Standpunkts, ein Plädoyer für das nicht bloße Beobachten, sondern Eingreifen in die Welt. Das Stück ist eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2023.
Burgtheater Wien
Regie: Rieke Süßkow
Bühne: Mirjam Stängl
Kostüme: Marlen Duken
Musik: Max Windisch-Spoerk
Licht: Marcus Loran
Choreografie: Daniela Mühlbauer
Dramaturgie: Sandra Küpper
1 Stunde 45 Minuten, keine Pause
Premiere am 08. Dezember 2022
Für ihre erste Live-Performance greifen die in Antwerpen lebende Künstler*in Stef Van Looveren auf ihre Videoarbeit RADICAL HOPE von 2018 zurück. Darin porträtieren sie verschiedene Stadien der Gesellschaft oder einfach des Lebens. Van Looveren versucht, die Performativität des Menschseins zu begreifen und offenzulegen. Die Arbeit von Van Looveren lässt sich nicht unter einer einzigen Überschrift definieren. Sie ziehen alle Register: faszinierendeObjekte, üppiges Make-up, taktile Kleidung, treibende Musik und beschwörend Bewegungen. Van Looveren erforscht verschiedene emotionale und soziale Stadien: Trauer, Wut,Sehnsucht, Glück, Verbitterung und Terror. In ihrer Arbeit kritisieren sie nicht so sehr die bestehenden Ordnungen, sondern fordern sie vielmehr mit überschwänglichen Alternativen heraus. Was für eine intensive Explosion der Energie!
Mit Unterstützung der Stadt Antwerpen und der flämischen Regierung.
Konzept / Choreografie / Performance: Stef Van Looveren
Sound: Nicolas Maxim Endlicher a.k.a. MCMLXXXC
Maske: Inge Grognard
Licht: Anne Meeussen
Korsetts: Marloes Dadswell
Metallkettenkostüm: Deborah Bloemen
Video-Performer: Karina Zharmu, Shaïne Mahaux, Oriana Mangala Ikomo, Absa Sissoko, Tommy Vanstippen, Judith Willems, Marie Willems, Nathan De Laet, Emmuran Murengo, Nathalie Nijs, Florence Carlier, Rachel Alvarez, Marion Marguerite Denné, INTI, Deveny Faruque,, Chaima El Haddaoui, Krenare Zeka, Julia Tröscher, Hannah Mateus, Nixie Velocity Blaze, Eddy Louisia, Bobby Louisia Velocity Blaze, Fleur Van De Merlen, Marc Van Looveren, Emilija D˜udait˙e, Kaidan K, Charlotte De Smedt, Rindy
Maske im Video: Maria Ovejero
Kommission und Koproduktion: DE SINGEL
1 Stunde 10 Minuten, keine Pause
Wir empfehlen den Besuch ab 18 Jahren. Die Vorstellung ist unbestuhlt und setzt Stroboskoplicht ein.
Premiere am 21. April 2022
von Golda Barton nach Anton Tschechows "Drei Schwestern" und einer Idee von Isabelle Redfern
Ivy, Masha und Olivia wohnen seit jeher in der elterlichen Wohnung in West-Berlin, am U-Bahnhof Onkel-Toms-Hütte, in der Nähe der amerikanischen Militärbasis. Doch jetzt, 1994, sollen die Truppen abziehen und die Schwestern bleiben zurück. Zur Überraschung aller hat Masha zu Ivys Geburtstag den Vater aus den USA eingeladen, den die Schwestern seit Jahren nicht gesehen haben. Wäre ein Leben mit ihm als Schwarzer Identitätsfigur anders verlaufen? Wären die Schwestern in den USA glücklicher geworden? Wie erlangt man eine Identität und warum fühlt man sich wo zugehörig? Wann ist man eigentlich Deutsch? Dürfen Asiat*innen Klassik spielen oder ist das Appropriation? Und wer darf eigentlich Tschechow spielen?
Die Inszenierung von Redfern und Stoll aus dem feministischen Theaterkollektiv Glossy Pain präsentiert sich als moderne Tschechow-Überschreibung. Vom Original übernommen wird die Dramenarchitektur, die Konstellation der drei Schwestern und deren Traum von einem identitätsstiftenden Sehnsuchtsort, der hier nicht Moskau, sondern New York ist. Auf einer weiteren Ebene verhandelt die Inszenierung die Frage, ob ein klassisches Theaterstück mit einem BPoC Cast besetzt werden kann. Die romantische Musik von Robert Schumann and Charles Ives, live gespielt und improvisiert von Pianistin MING (Teil des Battle-Duos Queenz of the Piano) begleitet und kontrastiert die dynamische Inszenierung und ihre scharfzüngigen Dialoge.
Gefördert vom Hauptstadtkulturfonds.
Eine Koproduktion von Glossy Pain und Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz
Regie: Isabelle Redfern, Katharina Stoll
Musik: MING
Bühne: Lani Tran-Duc
Kostüme: Martha Lange, Carlotta Schumann
Choreografie: Ute Pliestermann
Dramaturgische Beratung: Philipp Khabo Koepsell
Regieassistenz: Julia Boxheimer
Produktion: Coté Jaña
Foto- und Videodokumentation: Kamil Janus
1 Stunde 40 Minuten, keine Pause
Premiere am 16. November 2022
von Annie Ernaux, aus dem Französischen von Sonja Finck
"Die Zeit war keine unmerkliche Abfolge von Tagen mehr. Sie war zu etwas Unförmigen geworden, das sich in mir entwickelte und das es um jeden Preis zu zerstören galt."
Als die junge Literaturstudentin Annie ungewollt schwanger wird, ist ihr eins schnell klar: Sie will eine Abtreibung. Doch im Frankreich der 1960er-Jahre haben sexuelle Freiheit und Selbstbestimmung junger Frauen keinen großen Wert – Abtreibungen sind illegal. Für Annie beginnt ein lebensgefährlicher Kampf gegen die Zeit, ihren eigenen Körper und eine gleichgültige Gesellschaft. Die Schriftstellerin Annie Ernaux bricht mit ihrem autobiografischen Roman "Das Ereignis" aus der Sprachlosigkeit und Einsamkeit aus, die sie während der Zeit ihres Schwangerschaftsabbruchs erlebt hat, und teilt ihre prägende Erfahrung mithilfe ihrer damaligen Tagebucheinträge. Im reflektierenden Prozess des Aufschreibens entlarvt sie mit schonungsloser Offenheit und sprachlicher Präzision die heute immer noch erschreckend aktuelle Geschichte einer jungen Frau.
Annie Ernaux (geb. 1940) gehört zu den bedeutendsten Autor*innen Frankreichs. Sie befasst sich in ihren autobiografischen Romanen mit Themen der Scham, sozialen Klasse und weiblichen Selbstbestimmung. 2021 erschien ihr Roman "Das Ereignis" erstmals auf Deutsch. 2022 erhält sie den Literatur-Nobelpreis für ihr Werk.
Deutsches Schauspielhaus Hamburg
Regie: Annalisa Engheben
Bühne: Sanghwa Park
Kostüme: Teresa Heiß
Musik: Ellen King
Dramaturgie: Finnja Denkewitz
1 Stunde 20 Minuten, keine Pause
Premiere am 14. Oktober 2022
Termine
So, 30.4.2023, 17:00 | Ticket
So, 30.4.2023, 20:00 | Ticket
Ort
Münchner Volkstheater
Bühne 3 Brienner Straße 50
D-80333 München
nach dem Roman von Fatma Aydemir in der Theaterfassung von Selen Kara
Nach dreißig Jahren harter Arbeit in Deutschland, mit großer Einsamkeit und Sehnsucht nach einem anderen Leben, hat Hüseyin sich einen Traum erfüllt: eine Eigentumswohnung in Istanbul. Er kann es kaum erwarten, dort seine Familie zu empfangen – und stirbt ganz plötzlich an einem Herzinfarkt. Zur Beerdigung reisen nacheinander seine Frau Emine, seine Kinder Ümit, Peri, Sevda und Hakan nach Istanbul, alle mit ihren eigenen Verletzungen, Verstrickungen und Wünschen im Gepäck. Und in der Wohnung fühlen sie alle die Präsenz von etwas anderem …
Mit sprachlicher Wucht und Schönheit erzählt Fatma Aydemir in ihrem zweiten Roman eine Familiengeschichte aus Deutschland Ende der 1990er Jahre. Das politische Klima bildet den Hintergrund für die Geschichten der einzelnen Familienmitglieder und ihre Beziehungen.
Nationaltheater Mannheim
Regie: Selen Kara
Bühne: Lydia Merkel
Kostüme: Emir Medić
Licht: Robby Schumann
Musik: Torsten Kindermann
Mitarbeit Musik & Gesang: Koray Berat Sarı
Dramaturgie: Kerstin Grübmeyer
3 Stunden 10 Minuten, eine Pause
Premiere am 08. Juli 2022
Dokumentarisches Theaterprojekt vom Institut für Medien, Politik & Theater
Das Institut für Medien, Politik und Theater beschäftigt sich in seinem neuesten Rechercheprojekt mit der Ski- und Bergwelt Tirols. In der Corona-Pandemie wurde einmal mehr deutlich, wie einflussreich der Wintertourismus – und die Männer, die hinter ihm stehen – wirklich sind. Auch aus dem Tourismusministerium hieß es: Das oberste Ziel muss sein, dass eine Wintersaison stattfinden kann. Aber um welchen Preis? Für das Kollektiv geht es auf Spurensuche in die Alpen. Wie abhängig ist die Politik von der Seilbahnwirtschaft? Sind wilde Après-Ski-Partys und Tonnen von Kunstschnee überhaupt zukunftsträchtig? Was bleibt von Österreich, wenn der Klimawandel den heiligen Wintertourismus unmöglich macht?
Um diesen Fragen nachzugehen, diskutiert ein Bürger*innenrat zum Wintertourismus aus verschiedenen Perspektiven: Da gibt es eine umweltaktivistische, eine pro-touristische, eine analytische und auch eine feministische Position. Nach einem Jahr Recherche dienen etwaige Hintergrundgespräche mit Expert*innen aus Journalismus, Klimaforschung, Kulturanthropologie sowie aus der Tourismusbranche als Textmaterial, das gemeinsam mit dem Ensemble weiterentwickelt wurde. Darüber hinaus werden Originaltexte aus Politik und Populärkultur in kurzen rhythmischen Szenen gegenübergestellt, wodurch die Grenze zwischen Realität und Satire verschwimmt.
Jetzt bleibt nur noch die Frage: Wird es den Beteiligten des Bürger*innenrats gelingen, inmitten des Spannungsfeldes von Politik, Wirtschaft und Umweltschutz einen Konsens zu finden?
Tiroler Landestheater Innsbruck und das Institut für Medien, Politik & Theater
Recherche / Konzept / Text: Institut für Medien, Politik & Theater
Ausstattung: Julia Neuhold
Dramaturgie: Lisa Koller, Emily Richards
1 Stunde 30 Minuten, keine Pause
Premiere am 27. November 2022
frei nach Homer von Pavlo Arie I Eine Inszenierung mit Menschen aus der Ukraine und aus Düsseldorf
Die Neudichtung des ukrainischen Dramatikers Pavlo Arie müsste eigentlich "Penelope" heißen. Nicht die abenteuerliche und verlustreiche Heimfahrt des antiken Helden Odysseus steht im Zentrum, sondern seine Frau, die 10 Jahre auf das Ende des trojanischen Kriegs wartet und weitere 10 Jahre auf die Heimkehr ihres Mannes. Zu Hause wird ihr Sohn Telemachos ohne Vater erwachsen. Als unzählige Freier ihr Haus belagern, macht der Sohn sich auf die Suche nach Odysseus. Auch Penelopes Warten ist heute kein passives mehr. Diese gegenwärtige "Odyssee" erzählt in drei Generationen von dem Verlust des Geliebten in sinnlosen Kriegen. Berichtet wird auch von abenteuerlichen Irrfahrten – im wörtlichen Sinn irren Fahrten zwischen Skylla und Charybdis. Es sind jedoch keine Reisen in Richtung Heimat, sondern Fluchtgeschichten ins Exil.
Pavlo Arie verwendet für diese drei Handlungsstränge drei verschiedene Textsorten: Erstens bearbeitete Interviews mit ukrainischen Frauen, die ihre persönlichen Geschichten auf der Bühne erzählen und mit Frauen, die in der Ukraine geblieben sind, dort für ihr Land kämpfen oder Opfer von Kriegsverbrechen wurden. Zweitens eine literarische Neudichtung im Stil von Homers für Penelope und drittens erfindet er eine Geschichte über die erste Liebe zweier Teenager, einem jungen Mädchen in Düsseldorf und einem ukrainischen Jungen, der sich wie Telemachos auf die Suche nach seinem Vater macht – eine moderne Telemachie.
Die Erzählung mit sieben Frauen und zwei Jungen aus der Ukraine und sieben Düsseldorferinnen verwebt somit zentrale Motive Homers mit den Geschichten der Spieler*innen und wirft dabei einen neuen, weiblichen Blick auf den universellen Mythos – poetisch, persönlich, präsent.
Düsseldorfer Schauspielhaus / Stadt:Kollektiv
Regie: Stas Zhyrkov
Bühne und Kostüme: Paulina Barreiro
Musik: Mariana Sadovska
Video: Lev Gonopolskiy
Dolmetscher: Sebastian Anton
Licht: Konstantin Sonneson
Dramaturgie: Birgit Lengers
1 Stunde 45 Minuten, keine Pause
Auf Deutsch und Ukrainisch mit jeweiligen Übertiteln. Die Inszenierung thematisiert unter anderem Krieg und sexuelle Gewalt. Wir empfehlen den Besuch ab 14 Jahren.
Premiere am 10. Februar 2023
nach dem Roman von Steven Uhly in einer Fassung von Friederike Drews
Familie ist Wärme, Familie ist Groteske: Chaos, Täuschung, Abgrund. Erinnerungen an eine Kindheit, die geprägt ist von den Erzählungen der Großmutter. Highlights: die Gutenachtgeschichten der Oma, gespeist aus fantasievollen Mordplänen an ihrem Mann. Auf einmal aber ist der Opa wirklich tot und die Erzählungen der Großmutter wenden sich anderen Männern zu. Kriegsgefangene und Kriegsverbrecher... ferne Schatten, die durch Ruinen geistern. Rätsel tun sich auf, Fragen über Fragen, das Schweigen der eigenen Mutter, eine neue Schwester, Kreuzberg, die 80er Jahre, West-Berlin. Was als harmlose Familienhistorie beginnt, enthüllt sich über Umwege und Irrwege als Suchspiel rund um eine aberwitzige Biographie. Jede Frage nach den eigenen Wurzeln führt nur weiter ins verborgene Vergangenheitslabyrinth. Dort, im Dunkel der Lügen und der Zeit, bleibt dem Erzähler nichts anderes übrig, als die endlose Reihe von Tabubrüchen fortzusetzen und die Verstrickungen der Generationen ins Ultimative fortzuführen. Hauptsache, alles bleibt in der Familie.
In seinem Roman "Mein Leben in Aspik" überzeichnet Steven Uhly die Abgründe eines fiktiven Clans. Söhne, Schwestern, Mütter, Großmütter und Vorväter erzählen von Perspektiven aufs andere Geschlecht und von den Grenzen unserer toleranten Gesellschaft. Die Fragen nach dem Ich und nach den versteckten Ästen unserer Stammbäume öffnen den Blick auf vererbte Traumata, auf eine lügendurchtränkte westdeutsche Gesellschaft und unsere eigene Unfreiheit.
Deutsches Theater Berlin
Regie: Friederike Drews
Bühne: Ev-Simone Benzing
Kostüme: Henrike Huppertsberg
Licht: Heiko Thomas
Dramaturgie: Bernd Isele
Musik und Sounddesign: Malte Preuss
1 Stunde 15 Minuten, keine Pause
Premiere am 29. September 2022
nach Michail Bulgakow I Deutsch von Thomas Reschke
Über Moskau dämmert der Frühlingsdunst, der den Blick schwer und die Sinne träge werden lässt. Doch es liegt was in der Luft. Ein Literaturredakteur gerät unter die Straßenbahn, ein Dichter landet in der Psychiatrie und im Varieté regnet es Geld von der Decke. Vom Vorsitzenden der Theaterkommission ist nur mehr der Anzug übrig. Der Direktor des Varietétheaters aber ist ganz und gar verschwunden. Was oder wer steckt dahinter? Etwa jener fremde Professor, der plötzlich samt illustrem Gefolge in der Stadt auftaucht, sich als Spezialist für Schwarze Magie ausgibt und behauptet, er habe Pontius Pilatus persönlich gekannt? Schnell ist man sich einig. Es muss sich um Kriminelle oder Spione handeln. Oder sind hier etwa Höllenmächte am Werk? Die Telefone laufen heiß.
Unterdessen trauert Margarita um ihren Geliebten, den Meister, der wie vom Erdboden verschwunden ist. Doch dieser hat sich freiwillig in eine psychiatrische Klinik begeben, nachdem sein Roman, der nicht zufällig die Geschichte eines gewissen Pontius Pilatus beschreibt, für nicht druckfähig erklärt wurde. Auch ahnt Margarita nicht, dass sich dort ein Gespräch zwischen einem weiteren kürzlich eingelieferten Dichter und dem vermissten Geliebten entspinnt. Margaritas und des Meisters Schicksal aber wird bald schon eine geradezu überirdische Wendung nehmen, die Traum und Wirklichkeit ununterscheidbar ineinander aufgehen lässt.
Deutsches Nationaltheater Weimar
Regie: Luise Voigt
Bühne: Natascha von Steiger
Kostüme: Maria Strauch
Musik: Frederik Werth
Choreografie: Tony De Maeyer
Video: Stefan Bischoff
1 Stunde 50 Minuten, keine Pause
Premiere am 07. Oktober 2022
Nachdem er sein Leben lang Inspiration für andere gewesen ist, ergreift Dan Daw, preisgekrönter, in Großbritannien lebender Choreograf und Performer, endlich die Gelegenheit, sich selbst zu inspirieren. Er macht sich die wunderschöne Unordnung zu eigen, die alles ausmacht, was er ist. Dabei lässt Dan los, wer er ehemals war, und macht Platz für den, der er sein will. Dan Daw und Performer wie Komplize Christopher Owen finden sich in einem intimen Play-Abend wieder: Dan erobert die Macht zurück, indem er sich nach seinen eigenen Bedingungen dominieren lässt. Nominiert für die National Dance Awards 2021 sowie den Achievement in Dance Award der UK Theatre Awards gibt THE DAN DAW SHOW in der Regie von Mark Maughan einen Einblick in die glänzende und schweißtreibende Zerrissenheit, mit Scham zu leben und gleichzeitig vor Stolz zu strotzen. Eine eindrückliche Show über Fürsorge, Vertrautheit und Widerstandsfähigkeit sowie den Versuch, loszulassen und sich selbst zurückzuerobern.
Eine Produktion von Dan Daw Creative Projects
Künstlerische Leitung: Dan Daw
Regieassistenz: Thyrza Abrahams
Bewegungsregie: Sarah Blanc
Dramaturgie: Brian Lobel
Ausstattung: Emma Bailey
Komposition & Ton: Guy Connelly
1 Stunde 25 Minuten, keine Pause
Empfohlen ab 16 Jahren. Teil der Vorstellung sind Darstellungen von Kink-Erfahrungen, Erstickung, Demütigung, dominantem Verhalten und expliziter Sexualität und Sprache, laute Geräusche, blinkende Lichter und sexy Menschen mit Behinderung.
Premiere am 27. April 2022
Das sogenannte Musical in einer Bühnenfassung von Sibylle Berg nach ihrem gleichnamigen Roman
GRM. Brainfuck ist eine zynische Persiflage auf den Neoliberalismus, ein Manifest für den Widerstand, und eine aufrüttelnde Geschichte über Zusammenhalt in einer gewaltvollen Welt. Sechs Schauspieler*innen und drei Musiker*innen stehen auf der Bühne und erzählen die Geschichte von Don, Hannah, Karen und Peter.
Die Geschichte beginnt in Rochdale. Einem trostlosen Kaff in England. Vier jugendliche Außenseiter*innen, die alles verloren haben, finden irgendwie zusammen und machen sich auf nach London. Dort schlagen sie ihre Wurzeln in einer verlassenen Lagerhalle auf und versuchen trotz der immer extremer werdenden Überwachungsdiktatur unerkannt zu (über)leben. Was kann dieses Leben, das nur für die Reichen gedacht ist, für sie bereithalten? In einer benachbarten Lagerhalle treffen sie auf eine Gruppe Hacker*innen und suchen nach Möglichkeiten, ihre Geschichten und die Zukunft selbst mitzuschreiben. Zwischen Racheplänen und dem Selbstfindungsprozess beim Erwachsenwerden sind Don, Hannah, Karen und Peter auf der Suche nach sich und nach Gerechtigkeit in einer Gesellschaft, die Menschen wie sie systematisch unterdrückt.
Theater Dortmund
Regie: Dennis Duszczak
Bühne: Thilo Ullrich
Kostüme: Frederike Marsha Coors
Video: Daniela Sülwold
Musik: Lutz Spira
Dramaturgie: Hannah Saar
Licht: Markus Fuchs
2 Stunden, keine Pause
Die Inszenierung verhandelt Suizid, sexualisierte Gewalt, Klassismus, Verschwörungstheorien und benutzt schussähnliche Geräusche.
Premiere am 08. November 2022
Das Gefühl, die Welt sei falsch. Unecht. Die Menschen statistenhaft, die Abläufe wie einstudiert. Seit einem mysteriösen Unfall begleitet dieses Gefühl den Protagonisten von 8 ½ Millionen auf Schritt und Tritt. Als Entschädigung für den Unfall hat er zwar die gigantische Abfindung von 8 ½ Millionen Pfund bekommen, was aber tun mit so einer Summe, wo man doch keinen Zugang mehr zur Realität findet? Einem plötzlichen Déjà-vu-Erlebnis hinterherjagend, beginnt er schließlich, seine eigene Realität zu bauen. Wie im Wahn errichtet er Kulissen, heuert Schauspielende und Statisterie an und veranstaltet immer akribischere und größere Nachspiele seiner nebulösen Erinnerungen. Das Ziel: die Welt wieder fließend, echt, authentisch wahrnehmen zu können. Aus der totalen Entfremdung wird ein manischer Kontrollwahn der Wirklichkeit. Bis diese Reenactments allmählich aus dem Ruder laufen.
Kann man durch das Falsche wieder Echtheit erfahren? Wo liegen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit und ist die Wiederholung der Realität überhaupt denkbar? Fragen, die direkt in den Kern von Theater treffen, verschachtelt Tom McCarthys gefeierter Roman zu einem absurden Thriller. Die Inszenierung ist Mathias Spaans erste Arbeit am Volkstheater.
Münchner Volkstheater
Regie Mathias Spaan
Bühne Anna Armann
Kostüme Paula de la Haye
Musik Gabriel Cazes
Dramaturgie Leon Frisch
Licht David Jäkel
1 Stunde 45 Minuten, keine Pause
Premiere am 12. Januar 2023
Schauspiel nach Georg Büchner I in einer Fassung von Jan Friedrich
Der Soldat Franz Woyzeck arbeitet als Diener für seinen Hauptmann. Um seine Freundin und das Kind versorgen zu können, stellt er sich zudem medizinischen Versuchen zur Verfügung, in deren Rahmen seine Ernährung reduziert wird – auf Erbsen. Armut, Demütigungen und die toxischen Auswirkungen der Mangelernährung führen zur Entgleisung: In wahnhafter Eifersucht ermordet er seine Freundin Marie.
Zeitungsberichte über Frauenmorde gaben Georg Büchner den Anstoß für das weltberühmte Drama. Jan Friedrich transformiert die Geschichte in die Gegenwart und in ein an Computerspiele ("Ego-Shooter") erinnerndes Setting. Das Publikum nimmt Woyzecks Perspektive ein und folgt ihm durch seine Welt, in der sich die Entscheidungsmöglichkeiten immer weiter reduzieren.
Theater Magdeburg
Regie: Jan Friedrich
Bühne: Jan Friedrich
Kostüme: Vanessa Rust
Video: Nico Parisius
Musik: Friedrich Byusa Blam
Dramaturgie: Bastian Lomsché
Künstlerische Vermittlung: Tillmann Staemmler
1 Stunde 40 Minuten, keine Pause
ab 16 Jahren
Premiere am 28. Januar 2023
Das Festival für junge Regie findet vom 27. April bis 5. Mai 2023 am Münchner Volkstheater statt.
Dieses Jahr sind 13 Regiearbeiten eingeladen. Produktionen aus Antwerpen, Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Hamburg, Magdeburg, Mannheim, Innsbruck, Wien und Weimar.
"Große Mythen und Texte werden genauso verwendet, bearbeitet und neuerzählt wie kleine recherchebasierte Projekte, performative oder autobiografischer Grundsetzungen." Jens Hillje, Festivalleiter
Die Kurator*innen des Festivals laden jedes Jahr junge Talente im Bereich der Theaterregie ein, die sich mit ihren Arbeiten in der deutschen und europäischen Theaterlandschaft hervorgetan haben. Über ein Jahr sichten die Kurator*innen, bestehend aus Jens Hillje, Christine Wahl, C. Bernd Sucher und Florian Fischer Stücke junger Regisseur*innen und stellen das Festivalprogramm zusammen.
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Münchner Volkstheater
Brienner Straße 50
D-80333 München